Zwischen Risiko und Reform: Einblicke aus Studien zur Whistleblowing-Situation in der Schweiz

«Sehr besorgniserregend» bezeichnete die OECD die Schweizer Whistleblowing-Situation für den Privatsektor im Juli 2022. Trotz deren dringender Aufforderung zu neuen Gesetzesreformen scheiterte ein erneuter Anlauf einer Whistleblowing-Vorlage im Nationalrat Ende Februar 2024. Schweizer Whistleblower des privaten Sektors bleiben somit weiterhin ungeschützt.

Obwohl ein verbindlicher Rechtsrahmen aus der Politik fehlt, haben jedoch rund die Hälfte der Schweizer Unternehmen den positiven Effekt von Whistleblowing-Systemen erkannt: Sie fördern ethisches Verhalten im Unternehmen und verbessern deren Image als integre Akteure. Gemäss einer neuen Studie «Auslandkorruption bei Schweizer Unternehmen - neue Erkenntnisse zu Risiken und Gegenstrategien» der Fachhochschule Graubünden und Transparency International verfügen 48.8% der befragten Unternehmen über ein Whistleblowing-System oder eine Ombudsstelle.

Der aktuelle Bericht «Occupational Fraud 2024: Report to the Nations» von ACFE unterstreicht die Bedeutung und Effektivität von Whistleblowing-Systemen, indem Hinweise weiterhin die am häufigsten angewendete Methode zur Aufdeckung von Betrugsfällen sind. Beeindruckende 43% der Betrugsfälle wurden durch Hinweise aufgedeckt, eine Zahl, die alle anderen Entdeckungsmethoden um mehr als das Dreifache übertrifft. Diese Erkenntnis bestätigt frühere Studien der ACFE, die einstimmig darauf hinweisen, dass Hinweise die dominierende Methode zur Aufdeckung von Betrug sind.

 

 

Chart 1: How is occupational fraud initially detected?
Quelle: ACFE: Occupational Fraud 2024: A Report to the Nations, p.24

Während Hinweise die dominierende Methode zur Aufdeckung von Betrug sind, können diese in verschiedenen Formen auftreten. Die folgende Abbildung illustriert die verschiedenen Arten offizieller Meldeverfahren, die Whistleblower in den letzten fünf ACFE-Studien zur Entlarvung von Betrug genutzt haben. Besonders hervorzuheben sind dabei webbasierte/Online Formen, Emails und Telefonhotlines als die bevorzugten Kanäle für Whistleblower-Meldungen. Die Grafik illustriert ausserdem, dass die Wahl der Meldewege von Whistleblowern dynamisch ist und sich ständig weiterentwickelt, insbesondere im Bereich der Online- und elektronischen Kommunikation.

 



Chart 2: What formal reporting mechanisms did whistleblowers use?* Die Unternehmen haben alle ihr relevanten Meldeverfahren ausgewählt.
Quelle: ACFE: Occupational Fraud 2024: A Report to the Nations, p.26


Zusätzlich zu den offiziellen Meldeverfahren, benützen Hinweisgeber auch gerne informelle Wege. Meldungen werden dabei an Personen innerhalb der Organisation gemacht - am häufigsten an den direkten Vorgesetzten. Daher ist es wichtig das gesamte Personal einer Organisation über den richtigen Umgang mit Hinweisgebermeldungen aufzuklären.

 

Chart 3: To whom did the whistleblowers initially report? Quelle: ACFE: Occupational Fraud 2024: A Report to the Nations, p.27

Whistleblowing-Systeme helfen somit dabei Betrugs- und Korruptionsfälle in einem Unternehmen aufzudecken. Zusätzlich agieren sie als effektive Schutzmechanismen, die negative Berichterstattung abwehren und sowohl das Unternehmen als auch den Whistleblower vor unangenehmen Konsequenzen bewahren, wie eine unserer Publikationen anschaulich aufzeigt. Diese Faktoren sind mitunter für die Zunahme von Whistleblowing-Systemen bei Schweizer Unternehmen mit internationalen Aktivitäten in den letzten zehn Jahren verantwortlich.

Die Studie zur Auslandkorruption bei Schweizer Unternehmen verdeutlicht, dass 52% der auslandsaktiven Schweizer Unternehmen mit der Forderung nach informellen Zahlungen in anderen Ländern konfrontiert sind. Trotz der medialen Fokussierung auf Korruptionsskandale grosser Unternehmen, sind KMU gleichermassen davon betroffen wie Grossunternehmen. Während der ACFE-Bericht die Wirksamkeit von Whistleblowing-Systemen bei der Betrugsaufdeckung betont, zeigt die Studie zur Auslandskorruption bei Schweizer Unternehmen, dass mehr als die Hälfte der Unternehmen immer noch über kein effektives Whistleblowing-System verfügen. Die Studie zeigt, auch, dass nur die Hälfte der Unternehmen regelmässige Schulungen zur Korruptionsprävention durchführen. Somit besteht bei Schweizer Unternehmen noch immer ein erhebliches Verbesserungspotenzial, sei es durch grundlegende Massnahmen wie Schulungen oder durch Einführung einer unabhängigen Meldestelle.

In der öffentlichen Verwaltung hingegen, lassen sich gewisse Fortschritte feststellen, so zum Beispiel mit Einführung der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB) im Jahr 2019. Wie in unserem Blog-Beitrag aus dem März 2023 festgehalten, haben mehrere Kantone Meldestellen eingerichtet, die als entscheidende Frontlinie im Kampf gegen Korruption dienen und den Schutz von Whistleblowern gewährleisten. Eine Studie im Auftrag der Eidgenössischen Finanzkontrolle hat zudem ergeben, dass sich die Anzahl der Meldestellen in der öffentlichen Verwaltung zwischen 2018 und 2022 fast verdoppelt hat.

Unsere Dienstleistungen

Unsere Whistleblowing-Dienstleistungen bieten massgeschneiderte Lösungen für Unternehmen, die sich für eine effektive und vertrauenswürdige Meldestelle interessieren. Wir verstehen, dass jedes Unternehmen einzigartige Bedürfnisse hat, daher bieten wir individuelle Lösungen an, die auf die spezifischen Anforderungen und Ziele zugeschnitten sind. Unsere Experten unterstützen Sie dabei, die Art von Missständen zu identifizieren, die gemeldet werden sollen, um eine transparente und ethische Arbeitsumgebung zu fördern. Darüber hinaus arbeiten wir eng mit Ihnen zusammen, um die Art der Meldestelle zu bestimmen, sei es ein Postfach, eine Hotline oder eine andere Form der Kommunikation, die am besten zu Ihren Mitarbeitenden und Ihrem Geschäftsumfeld passt. Unser Ziel ist es, eine Lösung zu finden, die Ihren Anforderungen entspricht und innerhalb Ihres Budgets liegt, um ein effektive und nachhaltige Whistleblowing-Kultur in Ihrem Unternehmen zu etablieren.

 


 

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