Eckpunkte einer Entschädigungsregelung (Teil 2)

In Teil 1 (Entschädigung trotz Ehrenamtlichkeit?) haben wir aufgezeigt, nach welchen Grundlagen sich die Frage der Entschädigung und Honorierung von Stiftungsrats- und Vorstandsmitgliedern von Non-Profit-Organisationen beurteilt.

Im nachfolgenden Beitrag (Teil 2) erfahren Sie, wie Entschädigungen an oberste Leitungsorgane von gemeinnützigen Organisationen (Non-Profit-Organisationen, NPO) festgelegt werden können und was dabei zu beachten ist.

 

Wie soll eine Entschädigung geregelt werden? Und wer ist zuständig?

Will eine Organisation Entschädigungen an ihre leitenden strategischen Organmitglieder vorsehen, sind diese nachvollziehbar, d.h. schriftlich festzulegen und mindestens stiftungs- oder vereinsintern transparent zu machen. Zuerst muss geprüft werden, ob die aktuell geltenden Stiftungs- bzw. Vereinsstatuten eine Ausrichtung von Entschädigung zulassen. Bei der Stiftung liegt es in der Regel in der Kompetenz des Stiftungsrats als oberstes leitendes Organ, die Entschädigungsregelung zu erlassen (allenfalls unter Mitwirkung eines Entschädigungsausschusses). Beim Verein muss geprüft werden, welchem Organ aufgrund der Statuten die Kompetenz für die Festlegung der Entschädigungsregelung zukommt (je nach interner Organisation Mitgliederversammlung oder Vorstand, eventuell unter Mitwirkung eines bestehenden Entschädigungsausschusses bei grösseren Vereinen/Verbänden). Erfahrungsgemäss wird es meist der Vorstand sein, aufgrund der gängigen statutarischen Generalklausel, wonach der Vorstand für sämtliche Aufgaben zuständig ist, die nicht ausdrücklich der Mitgliederversammlung zugewiesen sind.

Für die Einzelheiten der Entschädigungsregelung genügt an sich bereits ein protokollierter Stiftungsrats- oder Vorstandsbeschluss (bei Zuständigkeit Mitgliederversammlung: ein Beschluss derselben). Aus Transparenz- und Rechtssicherheitsgründen empfiehlt sich jedoch der Erlass in Form eines Entschädigungs- und Spesenreglements oder einer Entschädigungsrichtlinie. Vielfach werden diese reglementarischen Regelungen als separates Reglement erlassen oder integriert als Anhang zu einem bestehenden Stiftungsreglement, wie dem Organisationsreglement. Zudem empfehlen wir, den Entwurf eines Entschädigungs- und Spesenreglements oder einer Entschädigungsrichtlinie vor dem definitiven Erlass durch die zuständige kantonale Steuerbehörde und bei Stiftungen zusätzlich durch die zuständige Stiftungsaufsichtsbehörde vorprüfen zu lassen. So besteht die Gewissheit, dass eine Regelung nicht den Status einer bereits erteilten Steuerbefreiung einer als gemeinnützig anerkannten Organisation gefährdet und zu keinen aufsichtsbehördlichen Einwänden führt.

Non-Profit-Organisationen, welche einen operativen Betrieb mit einem grösseren Personalbestand führen, erlassen für ihre Angestellten sehr oft Spesenreglemente, um die Lohnadministration zu vereinfachen. Damit die Vereinfachungen für die Spesendeklaration bei der Erstellung des Lohnausweises auch greift, müssen diese vorgängig der kantonalen Steuerbehörde vorgelegt werden. Die Schweizerische Steuerkonferenz stellt dazu ein Muster-Spesenreglement für Non-Profit-Organisationen zur Verfügung (siehe www.steuerkonferenz.ch). Es empfiehlt sich, sich auch für die Spesenregelung von leitenden Organen gemeinnütziger Organisationen daran zu orientieren.

 

Kriterien zur Festlegung von Entschädigungen leitender Organe

Bei Entschädigungen unterscheidet man gemeinhin zwischen Entschädigung (auch Vergütung genannt) als Entgelt für geleistete Arbeit und Spesen als Ersatz für Barauslagen, Transport etc. Die Entschädigungsregelung für Mitglieder des obersten Leitungsorgans von gemeinnützigen Organisationen sind nach folgenden Kriterien festzulegen, wobei auch die jeweilige kantonale Praxis der Steuerbehörde zu beachten ist:

  • Es ist zu definieren, für welche Organe (Stiftungsrats-/Vorstandsmitglieder, Präsidium, Geschäftsführung, Ausschüsse, Beirat etc.) die Entschädigungsregelung gilt. Eventuell muss die Regelung gegenüber anderen Entschädigungsregelungen (z.B. im Rahmen von vertraglicher Anstellung Geschäftsleitungsmitglieder oder anderem Personal) abgegrenzt werden. Dies ist vor allem bei Organisationen mit eigenem Personalbestand zu beachten, wie namentlich bei Alters- und Pflegeheimen, Betreuungsinstitutionen, Schulen.
  • Es ist auf eine saubere Abgrenzung zwischen Entgelt für ordentliche Tätigkeiten (grundsätzlich nicht entschädigt oder nur in sehr moderatem Rahmen) und ausserordentliche Tätigkeiten zu achten.

Für allfällige Entschädigung von ordentlichen Tätigkeiten:

  • Es sind nur moderate bzw. angemessene Vergütungen zulässig. Diesfalls: Festlegung und konkrete Umschreibung von Aufgabe, Dauer und Höhe/Art der Entschädigung (z.B. Stunden-, Tages- oder andere Ansätze, als Amts-, Jahres- oder Sitzungspauschale).
  • Die Höhe von Entschädigungen muss dem gemeinnützigen Charakter, der Art und Grösse der Organisation sowie der zeitlichen Belastung Rechnung tragen. Hier werden oft die für politische Ämter geltenden Entschädigungsansätze (z.B. Sitzungsgelder) als Richtwerte herangezogen.
  • Gängig sind z.B. Entschädigungen für die Präsidialfunktion, aufgrund der besonderen Anforderungen und der zeitlichen Belastung, die gegenüber «normalen» Mitgliedern höher ausfällt.

Für Entschädigung von ausserordentlichen Tätigkeiten:

  • Entschädigung für ausserordentliche Tätigkeiten, d.h. für die Übernahme von bestimmten Aufgaben, die in qualitativer oder quantitativer (zeitlicher) Hinsicht, über die ordentliche Tätigkeit hinausgehen: Festlegung und konkrete Umschreibung Aufgabe (z.B. fachliche Abklärungen, Expertisen, Aufgleisen oder Begleiten eines spezifischen Projekts, Einsitznahme/Teilnahme in externen Gremien z.B. für ein Bauprojekt, zusätzliche Aufträge), Dauer und Höhe/Art der Entschädigung (z.B. Stunden-, Tages- oder andere Sätze).
  • Entschädigung muss marktüblich sein, d.h. sich an branchenüblichen Ansätze orientieren (jedenfalls nicht höher als in der betreffenden Branche üblich).
  • Beachten von Gewaltentrennung zwischen dem strategischen Führungs- und Aufsichtsorgan und der operativen Geschäftstätigkeit, insbesondere bei Übernahme operativer Aufgaben durch ein Stiftungsrats- oder Vorstandsmitglied (weniger bei ausserordentlicher zeitlich-befristete Aufgabe).

Allgemein:

  • Abgrenzung zwischen Entschädigung (auch Vergütung genannt, Entgelt für Tätigkeit) und Spesen (Ersatz von Barauslagen, Reise-/Transportkosten, Verpflegung/Unterkunft, u.dgl.).
  • Effektive Spesen können zurückerstattet oder mit einer angemessenen Pauschale vergütet werden. Spesen bzw. Rückerstattung von belegten Auslagen, die nicht durch Pauschalspesen abgedeckt sind, gelten nicht als Vergütung.
  • Festlegung, wem die Entschädigung ausgerichtet wird (bei Einsitznahme in Stiftungsrat oder Vereinsvorstand von Amtes wegen sollte geklärt werden, ob die Entschädigung dem entsprechenden Gremium oder effektiv dem betreffenden Mitglied persönlich ausbezahlt werden darf).
  • Festlegung von Abrechnungsmodus und interner Kontrolle der Abrechnungen (Visum) sowie Höhe der ausgerichteten Entschädigungen/Spesen.
  • Entschädigungen, die über Spesenersatz hinausgehen, sind immer steuerpflichtig und unter Umständen sozialversicherungspflichtig. Die Organisation hat den Mitgliedern des leitenden Organs einen Lohnausweis auszustellen. Deshalb wichtig: Regelung bzw. Abklärung zu Sozialversicherungsabgaben auf Entschädigungen und allfälliger Quellensteuer.

Hilfreich und gar verbindlich für solche Organisationen, die sich den entsprechenden Regelwerken freiwillig unterstellt haben, sind die anerkannten Standards von Stiftungs- oder Branchenverbänden oder Selbstregulierungsorganisationen, wie namentlich der Swiss Foundation Code oder die Zewo-Standards für das Zewo-Gütesiegel (gültig seit 1. Januar 2016; der bis dahin geltende Swiss NPO Code aus dem Jahre 2006, der von der Konferenz der Präsidenteninnen und Präsidenten grosser Hilfswerke der Schweiz erlassen wurde, wurde dabei in die neuen 21 Zewo-Standards überführt). Namentlich sieht der Zewo-Standard 8 spezifische Pflichten vor, die Vergütungen bzw. Entschädigungen an die Mitglieder des obersten Leistungsorgans sowie die Vergütung an die Geschäftsleitung auszuweisen und offenzulegen.

Für Mitglieder von Geschäftsleitungen gemeinnütziger Organisationen muss vorab unterschieden werden, ob die Geschäftsführung intern (über eine Anstellung nach Arbeitsvertrag) oder extern (über ein Mandatsvertrag) abgewickelt wird. Für interne geschäftsleitende Personen verlangt der Zewo-Standard 8, dass die Vergütungen den Anforderungen, der Qualifikation, der Verantwortung und der Arbeitsleistung angemessen sein müssen. Die Löhne für Geschäftsleitungsmitglieder haben sich an Ansätzen in anderen, ähnlichen gemeinnützigen Organisationen zu orientieren. Letztlich werden wohl auch die Entschädigung an eine externe Geschäftsleitung danach sowie nach den branchenüblichen Ansätzen beurteilt.

Wer als gemeinnützige Organisation ohne genügende statutarische bzw. reglementarische Grundlagen Entschädigungen ausrichtet oder sachlich nicht gerechtfertigte oder überhöhte Entschädigungen ausrichtet, läuft Gefahr, die einmal gewährte Steuerbefreiung über einen Widerruf durch die kantonale Steuerbehörde zu verlieren. Stiftungen müssen diesfalls zudem damit rechnen, mit behördlichen Auflagen und im worst case mit Massnahmen der Stiftungsaufsichtsbehörde konfrontiert zu werden. Die Mitglieder von Stiftungsräten und Vereinsvorständen, die solche Entschädigungen beziehen oder zulassen, riskieren zudem, zivil- und strafrechtlich wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung (nach Art. 158 StGB) belangt zu werden.

Es liegt daher im eigenen Interesse jeder gemeinnützigen Organisation und der verantwortlichen leitenden Organe, ihre Entschädigungsregelung sorgfältig und mit Augenmass festzulegen, periodisch zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.

 

Neue Offenlegungspflichten für Stiftungen ab 2022/2023

Voraussichtlich im Jahr 2022 oder 2023 (Datum des Inkrafttretens ist noch offen) tritt die Aktienrechtsrevision in Kraft und damit auch der neue Art. 84b ZGB für Stiftungen. Danach hat das oberste Stiftungsorgan neu der Aufsichtsbehörde jährlich den Gesamtbetrag der ihm und der allfälligen Geschäftsleitung direkt oder indirekt ausgerichteten Vergütungen im Sinne der aktienrechtlichen Bestimmung von Art. 734a Abs. 2 OR gesondert bekannt zu geben. Diese neue Offenlegungspflicht gilt für Stiftungen somit nur gegenüber ihrer Stiftungsaufsichtsbehörde, nicht allgemein gegenüber der Öffentlichkeit. Wie genau die Offenlegung zu erfolgen hat, ob eine gesonderte Mitteilung an die Aufsichtsbehörde genügt oder die Offenlegung zwingend im Rahmen des Anhangs zu Jahresrechnung zu erfolgen hat, ist offen. Es ist zu erwarten, dass die Stiftungsaufsichtsbehörden die Vorgaben dazu in Weisungen oder anderen Mitteilungen noch präzisieren werden.

So neu ist diese Offenlegungspflicht für viele Stiftungen aber gar nicht: Bereits heute sind Zewo-zertifizierte Organisationen (ungeachtet ihrer Rechtsform) sowie NPO, die ihre Rechnung nach den Regeln von Swiss GAAP FER 21 führen, verpflichtet, ihre Entschädigungen an die Mitglieder der leitenden Organe (so auch Personalkosten, Boni, Spesen) auszuweisen bzw. offenzulegen. Der Zewo-Standard 8 sieht gar eine Offenlegungspflicht für die individuellen Vergütungen an die Mitglieder des obersten Leitungsorgans und der Geschäftsleitung einzeln - d.h. nicht nur im Gesamtbetrag, sondern pro jeweiliger Person - vor und geht insofern weiter als der neue Art. 84b ZGB. Bereits heute sind zudem die Stiftungsaufsichtsbehörden aufgrund ihres gesetzlichen Auftrags nach Art. 84 Abs. 2 ZGB berechtigt, im Rahmen der jährlichen Prüfung der Jahresrechnungen von Stiftungen den konkreten Ausweis und nähere Angaben zu bezahlten Entschädigungen und Vergütungen an den Stiftungsrat oder die Geschäftsführung zu verlangen, vor allem wenn die Jahresrechnung relativ hohe Administrationskosten oder andere Aufwandpositionen ausweisen sollte, die überhöhte Entschädigungen vermuten lassen. Und auch die kantonalen Steuerbehörden können bereits heute im Rahmen von periodischen Überprüfungen einer einmal erteilten Steuerbefreiung eine Organisation dazu anhalten, ihre Entschädigungen an leitende Organe offenzulegen. Letzteres gilt für alle gemeinnützig anerkannte NPO, auch für solche in der Rechtsform des Vereins.

Im Hinblick auf den neuen Art. 84b ZGB tun sich namentlich Stiftungen gut daran, bereits jetzt vorausschauend ihre Entschädigungen und die geltenden Regelungen zu überprüfen, gegebenenfalls anzupassen und in jedem Fall schriftlich in reglementarischen Bestimmungen oder Richtlinien festzuhalten. Damit diese Entschädigungen dann auch einer aufsichtsbehördlichen oder allfälligen steuerbehördlichen Überprüfung standhalten und nicht den Status der Steuerbefreiung der NPO gefährden.

 


 

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