Nach den allgemeinen Regeln des Haftpflichtrechts müssen für eine Haftung vier Voraussetzungen erfüllt sein: Eine Pflichtverletzung, ein Schaden, ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen dem Schaden und der schädigenden Handlung und ein Verschulden. Es muss somit immer eine Pflichtverletzung vorliegen und der Arbeitgeber muss durch diese Pflichtverletzung einen bezifferbaren Schaden erlitten haben.
Schlechte Arbeit ist keine Vertragsverletzung. Auch dadurch kann dem Arbeitgeber ein Schaden erwachsen. Allerdings sind die vier oben genannten Voraussetzungen nicht erfüllt. Der Arbeitnehmer haftet somit nicht für schlechte Arbeit, solange er dabei keine Sorgfaltspflichten verletzt.
Welches sind die Voraussetzungen, damit ein Arbeitnehmer haftbar wird?
Sind die weiter oben erwähnten vier Voraussetzungen erfüllt, ist der Arbeitnehmer grundsätzlich für jeden Schaden, den er verursacht hat, haftbar. Massgebend ist immer der Einzelfall, denn der Arbeitnehmer haftet nur für den Schaden, den er dem Arbeitgeber absichtlich oder fahrlässig zufügt.
Was bedeutet «Fahrlässigkeit»?
Fahrlässig handelt, wer die Folgen seines Handelns aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt oder darauf Rücksicht nimmt. Pflichtwidrig handelt, wer die Vorsicht nicht beachtet, zu der er nach den Umständen und seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist. Diese Definition gilt auch für die Beurteilung der Fahrlässigkeit eines Arbeitnehmenden.
Es geht somit um die Frage des Verschuldens des Arbeitnehmers: Je geringer das Verschulden, desto geringer die Fahrlässigkeit, und umso grösser die Reduktion des Schadenersatzes. Es stellt sich die Frage nach dem Verhalten in einer konkreten Situation. Dieses wird danach beurteilt, ob eine leichte, mittlere oder grobe Fahrlässigkeit vorliegt.
Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer aus einer Unachtsamkeit etwas nicht beachtet: Hätte er vorher überlegt, wäre ihm der Fehler nicht unterlaufen. Missachtet der Arbeitnehmende hingegen elementare Vorsichtspflichten, welche jede andere vernünftige Person in derselben Situation beachtet hätte, liegt eine grobe Fahrlässigkeit vor.
Was muss bei der Beurteilung der Haftung des Arbeitnehmers beachtet werden?
Für die Beurteilung der Haftung des Arbeitnehmers ist das Mass der Sorgfalt zu berücksichtigen, für welches dieser einzustehen hat. Es handelt sich um einen individuellen Massstab, bezogen auf das konkrete Arbeitsverhältnis. Gemäss Gesetz sind einerseits das Berufsrisiko, der Bildungsgrad und die Fachkenntnisse, die für diese Arbeit verlangt werden, und andererseits die Fähigkeiten und Eigenschaften des Arbeitnehmers, die der Arbeitgeber gekannt hat oder hätte kennen sollen, zu berücksichtigen (Art. 321e Abs. 2 OR).
Gibt es weitere Kriterien, die bei der Bemessung des Schadenersatzes berücksichtigt werden müssen?
Die Höhe des Schadens, die finanziellen Verhältnisse des Arbeitgebers sowie des Arbeitnehmenden sind ebenfalls zu berücksichtigen. Sollte der Arbeitnehmende durch die Übernahme des Schadens in eine Notlage geraten, ist dies bei der Festsetzung der Höhe der Haftung miteinzubeziehen. Hat es der Arbeitgeber unterlassen, ein bestimmtes Ereignis zu versichern, obwohl dies üblich ist, so kann der Schaden nicht ohne Weiteres einfach auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden.
Viele Risiken sind durch Versicherungen gedeckt. Die Frage nach der Haftung der Arbeitnehmenden beschränkt sich in diesen Fällen auf die Tragung des Selbstbehaltes. Fehlt jedoch eine Versicherungsdeckung, werden Arbeitgeber prüfen, ob sie nicht zumindest einen Teil des Schadens auf den fehlbaren Arbeitnehmer abwälzen können.
Welche Pflichten treffen die Arbeitgeberin im Zusammenhang mit der Haftung?
Zu berücksichtigen ist ein allfälliges Selbst- oder Mitverschulden der Arbeitgeberin. Die Arbeitgeberin ist selber schuld und muss für einen Schaden einstehen, wenn sie wissentlich unqualifiziertes Personal einsetzt, Personal nicht oder nicht richtig instruiert und überwacht. Das heisst für die Arbeitgeber konkret, dass sie für eine sorgfältige Auswahl der Arbeitnehmenden, eine angemessene Organisation der Arbeitsabläufe und für eine ausreichende Instruktion und Kontrolle verpflichtet sind. (Beispiel: Weiss ein Arbeitgeber um die Höhenangst eines Mitarbeitenden, darf er ihn nicht auf einem Baugerüst in der 5. Etage einsetzen.)
Wie viel Schadenersatz kann geltend gemacht werden?
Das Gesetz bestimmt lediglich, dass ein Arbeitnehmender für den Schaden verantwortlich ist, den er dem Arbeitgeber absichtlich oder fahrlässig zufügt. Massgebend sind immer die konkreten Umstände. Aus der Rechtsprechung kann jedoch als Faustregel abgeleitet werden, dass Arbeitnehmende bei leichtem Verschulden bis höchstens zur Hälfte des Schadens, maximal mit einem Monatslohn, haftbar gemacht werden können. Bei Tätigkeiten mit erhöhtem Berufsrisiko kann in der Regel bei leichter Fahrlässigkeit kein Schadenersatz geltend gemacht werden. Bei mittlerer Fahrlässigkeit ist von einer Haftung in der Höhe von maximal zwei Monatslöhnen und bei grober Fahrlässigkeit von drei Monatslöhnen auszugehen. Wurde der Schaden absichtlich zugefügt, kann die gesamte Schadenersatzforderung geltend gemacht werden.
Darf ein Schadenersatzanspruch mit dem Lohn des Arbeitnehmenden verrechnet werden?
Gemäss Gesetz dürfen Arbeitgeber Geldforderungen mit der Lohnforderung der Arbeitnehmenden grundsätzlich nur soweit verrechnen, als der Lohn pfändbar wäre. Mit anderen Worten muss das betreibungsrechtliche Existenzminimum eingehalten werden. Wie viel das ist, bestimmt das Betreibungsamt am Wohnort des Arbeitnehmenden. Eine Ausnahme besteht lediglich bei Ersatzforderungen für absichtlich zugefügten Schaden. Diese dürfen unbeschränkt verrechnet werden.
Wichtig ist, dass eine entsprechende Verrechnung sofort, also mit dem nächsten Lohn vorgenommen wird oder zumindest ein entsprechender Vorbehalt auf der Lohnabrechnung angebracht wird. Unterlässt der Arbeitgeber die Verrechnung oder zumindest einen Hinweis, darf der oder die Arbeitnehmende unter Umständen davon ausgehen, dass der Arbeitgeber auf eine Geltendmachung des Schadens verzichtet.
Haften Arbeitnehmende für ein Manko (Fehlbetrag) in der Kasse?
Immer wieder liest man von so genannten Mankoklauseln. Diese sehen vor, dass die Arbeitnehmenden grundsätzlich und ohne weitere Abklärungen für ein Manko in der Kasse haftbar sein sollen. Solche Klauseln sind nur gültig, wenn den Arbeitnehmenden die Möglichkeit offen steht, zu beweisen, dass der Fehler nicht eindeutig ihrer Person zugeordnet werden kann. Dies wird immer dann der Fall sein, wenn mehrere Personen gleichzeitig Zugriff auf eine Kasse haben.
Verstösse gegen Weisungen des Arbeitgebers
Weisungen des Arbeitgebers können mündlich und schriftlich erfolgen. Als Arbeitnehmender darf man davon ausgehen, dass die wichtigen Punkte schriftlich festgehalten werden und diese auch klar kommuniziert sind bzw. ohne weiteres, z.B. in der Informatik, abgerufen werden können.
Die Arbeitnehmenden müssen sich an diese Weisungen halten. Tun sie das nicht, haften sie für den dadurch verursachten Schaden. Der Arbeitgeber kann beispielsweise bestimmen, dass die Zugangsdaten für Zahlungen mittels dem persönlichen Smartphone der Buchhaltungsmitarbeitenden zu erfassen sind und die Weitergabe der Codes an andere Mitarbeitende der Buchhaltungsabteilung, z.B. während einer Ferienabwesenheit, verboten sei. Wird diese Weisung nicht beachtet, muss der fehlbare Mitarbeitende für einen allfälligen Schaden einstehen.
Fazit
Der Arbeitgeber muss sich vergewissern, dass er in der Auswahl der Mitarbeitenden und für deren Instruktion und Kontrolle alles unternommen hat, um Schadenfälle zu vermeiden.
Viele - insbesondere kleinere oder mittlere Unternehmen - haben einigen Nachholbedarf beim Erlass von Weisungen zur Schadensverhinderung. Dabei geht es aber nicht nur um materielle Schäden, sondern auch um Personenschäden. Die Unfallprävention ist in diversen Branchen entscheidend. Die Hauptverantwortung für den Gesundheitsschutz und die Arbeitssicherheit trägt der Arbeitgeber. Viele Unfälle liessen sich vermeiden, wenn die Sicherheitsvorschriften konsequent umgesetzt würden.
Die wichtigsten Weisungen müssen schriftlich festgehalten werden. Diese sollten den Mitarbeitenden in geeigneter Weise kommuniziert und auf Dauer zugänglich gemacht werden, z.B. mittels Intranet oder auf herkömmliche Weise durch Anschlag am «Schwarzen Brett». Letztlich sind diese Regeln auch durchzusetzen. Der Arbeitgeber kann sich nicht auf Regeln berufen, welche er in der Praxis nicht durchgesetzt hat.
Die Arbeitnehmenden tun gut daran, die Weisungen des Arbeitgebers ernst zu nehmen und sich an die geltenden Regeln zu halten, um Schäden und den damit zusammenhängenden Schadenersatz zu vermeiden.