Steuerföderalismus: Wie lange kann unser System noch bestehen?

Die Bundesverfassung betont die Souveränität der Kantone. Sie üben alle Rechte aus, die nicht explizit dem Staat übertragen sind. Diese föderale Struktur bringt die Frage mit sich, wie nachhaltig das System des Steuerföderalismus in der Schweiz ist.

Die Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 legt Grundsätze zur Harmonisierung der direkten Steuern von Bund, Kantonen und Gemeinden fest, wobei sie die Harmonisierungsbestrebungen der Kantone berücksichtigt. Die Harmonisierung erstreckt sich über Steuerpflicht, Gegenstand und zeitliche Bemessung der Steuern, Verfahrensrecht und Steuerstrafrecht. Ausgenommen sind Steuertarife, Steuersätze und Steuerfreibeträge.

Komplexität und Wettbewerb

Die Komplexität unseres Systems resultiert hauptsächlich aus unterschiedlichen Tarifen der direkten Steuern innerhalb der Kantone und zwischen den Kantonen. Dies führt zu einem Steuerwettbewerb, der nicht unbedingt gerechtfertigt erscheint. Tatsächlich leben und arbeiten wir heute in einem geografischen Bezugssystem, das viel grösser ist als unsere Wohngemeinde oder unser Wohnkanton, und profitieren so regelmässig von Leistungen öffentlicher Körperschaften, in denen wir keine Steuern gezahlt haben.

Eine zusätzliche Herausforderung ergibt sich aus der fehlenden Harmonisierung der Regelungen für die Steuerpflicht und der Tarife für Erbschafts- und Schenkungssteuern. Wie lässt sich rechtfertigen, dass bestimmte Schenkungen steuerpflichtig sind und andere nicht, abhängig vom Wohnkanton des Schenkers?

Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) prognostiziert eine deutliche Verschlechterung der öffentlichen Finanzen in der Schweiz bis 2050. Ursachen dafür sind steigende Ausgaben für die AHV und das Gesundheitswesen sowie die finanziellen Auswirkungen des Klimawandels. Die konsolidierte Schuldenquote der öffentlichen Verwaltungen könnte bis 2050 von 25 auf 45 Prozent des BIP ansteigen.

Das derzeitige System des Steuerföderalismus hat zwar eine lange Tradition, doch wird es sich zweifellos erneuern müssen, um den neuen finanziellen Herausforderungen gerecht werden zu können.

Künftige Defizite ausgleichen

Eine Möglichkeit, Defizite auszugleichen, besteht in der Stärkung der Mehrwertsteuer durch Erhöhung der Steuersätze und Senkung der Steuerbefreiungen. Dies würde nicht nur die Steuereinnahmen erhöhen, sondern auch die Erhebung dieser Steuer vereinfachen. Ein weiterer Ansatzpunkt könnte die Abschaffung der Vermögenssteuer sein, verbunden mit der Aufhebung der Steuerbefreiung für Kapitalgewinne aus Privatvermögen. Die Harmonisierung der Regeln für die Erbschafts- und Schenkungssteuer wäre ebenfalls überlegenswert.

Nicht auszuschliessen ist auch eine Einführung einer Steuer auf Finanztransaktionen in der Schweiz. Schliesslich könnte die Einführung neuer ökologischer Steuern auf Bundesebene unausweichlich sein, um eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen zu gewährleisten.

Dieser Beitrag wurde in der Verlagsbeilage «Steuern sparen» der NZZ vom 1. März 2024 publiziert.